Die Verwaldung schreitet im Berggebiet stetig weiter voran. Gemäss dem schweizerischen Landesforstinventar sind von 2009 bis 2017 rund 31 000 ha zugewachsen. Die Gründe, weshalb immer mehr Flächen im Berggebiet verwalden, sind vielfältig. Häufig sind Zufahrtswege und Erschliessung schlecht, die Arbeit an Steilhängen ist sehr mühsam, die Rentabilität nicht gegeben, oder der Schnitt muss aufwendig abgeführt werden. Hinzu kommt, dass die Betriebe auch im Berggebiet gewachsen sind und im Sommer nur über wenig freie Arbeitszeit verfügen. Unter solchen Umständen ist es nachvollziehbar, dass abgelegene Flächen nicht mehr bewirtschaftet oder gesömmert werden.
Heli und Roboter
Im Bereich der Technik hat sich in den vergangenen Jahren sehr viel getan. Die Hangtauglichkeit wurde laufend verbessert und ermöglicht heute die mechanische Bewirtschaftung bis deutlich über 60 % Hangneigung.
Neue Schwadsysteme wie Heuschieber oder ferngesteuerte Geräteträger sind schon in der Praxis anzutreffen. Da diese Mechanisierung relativ teuer ist, macht es in vielen Fällen Sinn, diese Arbeiten an den Lohnunternehmer auszulagern.
Vor allem bei schlecht erschlossenen Flächen ist der Abtransport des Heus eine Herausforderung. Vereinzelt kann der Helikopter eine interessante Möglichkeit darstellen. Wenn die Distanz nicht zu gross ist, dann schafft ein Helikopter eine Rotation in 3 bis 4 min, was bei einem ungefähren Preis von 40 CHF/min, durch den Wert des Heus (zirka 900 kg) mehr als gedeckt wird.
Ist die Zufahrt so schlecht, dass weder Ladewagen noch Ballenpresse die Parzelle erreichen können, bietet sich noch die Feldrandkompostierung an. Dies ist zwar nicht wünschenswert, wenn sich dadurch aber eine wertvolle Wiese erhalten lässt, ist diese Lösung sicherlich einer Verwaldung vorzuziehen.
Flächen, die entbuscht und einigermassen gut befahrbar sind, werden sich künftig durch autonome Mäher bewirtschaften lassen. Aber wann kommen die autonomen Fahrzeuge, die wie Rasenmäherroboter die Flächen automatisch mähen? Die Technik ist heute so weit, dass die automatische Navigation gelöst ist. Ein wichtiges Hindernis stellt aber nach wie vor die Produktehaftpflicht der Maschinenhersteller dar, falls autonome Fahrzeuge Schäden verursachen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Herausforderung bald gelöst sein wird.
Gesucht ist Manpower
Für die Pflege gibt’s nicht nur teure Technik, sondern auch die Möglichkeit, Gruppen freiwilliger Arbeitskräfte einzusetzen. Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete SAB vermittelt für Gruppen entsprechende Einsätze (www.bergversetzer.ch). Diese Einsätze wecken viel Verständnis für die Sorgen des Berggebiets und schlagen wertvolle soziale Brücken in den urbanen Raum.
Motiviert, Umsetzung hapert
Laut Koni Merk vom Landwirtschaftsamt des Kantons Graubündens ist die Motivation der Landwirte, ihre Flächen offen zu halten, grundsätzlich gegeben. Da Handarbeitskapazität auf den Betrieben knapp ist, wird die Problematik der Verbuschung oft zu spät angegangen. Auch die Mechanisierung wäre recht gut verfügbar, doch hapere es häufig an der Umsetzung. Da brauchte es eine verstärkte Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure, um für den Einzelfall passende Lösungen auszuarbeiten. In vielen Fällen ist sinnvoll, dies in Zusammenarbeit mit der Beratung und den kantonalen Ämtern anzugehen, denn die Technik allein wird es nicht richten.
Standpunkt - Nicht jeder Standort ist zu retten: Ziel sollte es sein, die heute noch einigermassen erhaltenen wertvollen Standorte nicht verbuschen zu lassen. Die Offenhaltung sollte auf die heutigen Möglichkeiten und den besten Nutzen abgestimmt werden. Dort, wo eine mechanische Bearbeitung möglich ist, können die Flächen jährlich gemäht werden. Bei wertvollen Flächen ist es teils möglich, neben den Direktzahlungen auch noch weitere Gelder für die Sicherung der Bewirtschaftung zu beschaffen. Aber es muss nicht jeder Quadratmeter offen gehalten werden. Dort, wo Hindernisse wie Felsen oder steile Böschungen dies erschweren, können Stellen bewusst der Natur überlassen werden. Auch bei artenarmen Flächen an schattigen Steilhängen kann eine Nutzungsaufgabe vernünftig sein. Dort, wo eine Bewirtschaftung nicht mehr möglich ist, sollte der Landwirt gemeinsam mit der landwirtschaftlichen Beratung nach Lösungen suchen. Da es nicht immer einfach ist, wertvolle von wenig wertvollen Flächen zu unterscheiden, macht es Sinn, dies mit Fachleuten genauer abzuklären. Bewirtschaftungskonzepte lassen sich am besten mit der landwirtschaftlichen Beratung, Umweltschutzämtern oder anderen naturnahen Organisationen ausarbeiten. Diese verfügen über umfangreiches Wissen und bieten auch in Finanzierungsfragen Unterstützung. Thomas Anken, Pius Fölmli