In der Vergangenheit konzentrierte sich die Baumbewirtschaftung in Schweizer Agroforstsystemen vor allem auf die Fruchtnutzung, denn es wurden überwiegend Hochstamm-Feldobstbäume mit Unterkulturen wie Getreide, Beeren oder Gemüse kombiniert. Da die Bäume für die reibungslose maschinelle Bewirtschaftung sowieso etwas aufgeastet werden müssen, stellt sich die Frage, wie man neben den Früchten auch das äusserst hochwertige Holz unserer Obst- und Wildobstarten einmal nutzen kann.
Darauf gilt es zu achten
Zum Erfolg eines Wertholz-Agroforstsystems achten Sie auf folgende Punkte:
- Wählen Sie eine Baumart, die zum Standort passt. Hier spielen vor allem die Wasserversorgung, die Bodenbeschaffenheit und die Spätfrostgefährdung eine Rolle.
- Verwenden Sie ein Mäuseschutzgitter. Einige Baumarten, wie zum Beispiel der Speierling, sind stark anfällig auf Mäusefrass.
- Wertholzbäume brauchen ebenso wie Obstbäume einen Pflanzpfahl. Dieser sollte stets auf der Wetterseite stehen, damit der Baum vom Pfahl weggedrückt wird und nichts scheuert.
- Ein häufiger Fehler ist das zu tiefe Setzen des Baumes – dies ist vor allem eine Gefahr, wenn zur Pflanzung ein Bagger zum Einsatz kommt und die Pflanzgrube sich noch absetzt. Die Bäume stehen dann in einer Mulde, wo sich das Wasser sammelt.
- Die Baumscheibe sollte auch bei Wertholzbäumen in den ersten Jahren freigehalten werden. So halten Sie die Konkurrenz zur Grasnarbe im Baumstreifen klein.
- Bei Laubbäumen ist es sinnvoll, anstatt Kompost etwas humusreichen und lockeren Waldboden aus einem Mischwald in das Pflanzloch zu geben. So kann bereits zur Pflanzung eine erste Impfung mit Mykorrhizapilzen stattfinden.
Baumschnitt für Wertholz
Das Wissen, welches hier von Interesse ist, kommt überwiegend aus der klassischen Baumpflege. Die baumpflegerischen Eingriffe unterscheiden sich vom Kronenaufbau aus dem Hochstamm-Feldobstbau. Bei den Wildobstarten wie Elsbeere, Speierling, Maulbeerbaum, Wildkirsche, Wildapfel, Wildbirne, Kastanie oder auch Nussbaum findet kein klassischer Erziehungsschnitt statt wie an unseren veredelten Kern- und Steinobst-Hochstämmern. Will man aus veredelten Obstbäumen hochwertiges Stammholz gewinnen und dennoch Früchte ernten, so muss der Ansatz für den Kronenaufbau (in der Regel eine Hochstammspindel) nach oben gesetzt werden, sodass zirka 3 m astfreies Stammholz entstehen.
Für Wildobst gilt, dass man sich nach dem Prinzip der «vorgreifenden» Astung langsam über einige Jahre zum Kronenendabstand hocharbeitet. Die dicksten und steilsten Seitentriebe werden zuerst entfernt. Dieses Vorgehen trifft auch für Laubbaumarten zu, welche in Zukunft im Rahmen der Agrarpolitik 22+ im neuen Produktionssystembeitrag Agroforst (siehe Infokasten) ebenfalls direktzahlungsberechtigt werden. Dazu zählen Eichen, Linden, Feldahorn oder Pappeln.
Schnelles Aufasten auf 3 bis 4 m Stammlänge bewährt sich in der Regel nicht, denn der Baum braucht Photosynthesefläche über genügend Blattmasse. So sollten in den ersten Jahren zirka 50 % der Stammlänge noch mit Seitentrieben belegt sein. Dies hat den Vorteil, dass der Stamm schnell an Dicke zunimmt. Auch wird er stärker beschattet, was vor Sonnenbrand schützt und auch die Anzahl von Wasserreisern am Stamm limitiert.
Astungswunden und Schäden
Für die Wertholzqualität ist entscheidend, dass Astungswunden vollständig überwallen und keine holzzersetzenden Pilze in das Holz eindringen. Durch innere Fäulnis würde die Wertholzqualität zunichtegemacht.
Der amerikanische Forstwissenschaftler Alex Shigo hat sich zeitlebens damit beschäftigt, durch welche Prozesse Wunden an Bäumen überwallen und wann nicht. Mit seinen Erkenntnissen hat Shigo die Baumpflege revolutioniert, denn bis Mitte der 1980er Jahre hat man in der sogenannten Baumchirurgie krankes Holz möglichst grossflächig herausgeschnitten, die Wunden mit Wundverschlussmitteln bestrichen und entstandene Hohlräume mit Gewindestangen stabilisiert.
Heute weiss man, dass sich Wunden an Bäumen gar nicht mehr verschliessen, wenn diese zu gross sind. Shigo hat beschrieben, dass der Wundheilungsprozess an Bäumen in zwei Richtungen verläuft und nur, wenn diese beiden Prozesse parallel ablaufen, die Wunde an Bäumen vollständig verschlossen werden kann. Nur im sogenannten Astkragen befinden sich genügend Parenchymzellen, sodass die Wunde einerseits äusserlich überwallen kann und sich andererseits nach innen abschottet. Ist ein Schaden an lebenden Zellen entstanden, zum Beispiel durch eine Astentfernung, dringt Luft ins Gewebe ein. Diese Zellen leiten kein Wasser mehr und sterben ab. Da die Zellen miteinander verbunden sind, breitet sich diese Embolie aus.
Der Baum kappt aber die Verbindung zu angrenzenden Zellen und schottet die Wunde nach innen ab.
Mehr als eine Nische - Agroforst boomt: Waren es vor zehn Jahren erst einige wenige Betriebe, so wächst die Zahl der Agroforstbetriebe in der Schweiz inzwischen laufend. Den Durchblick über Systeme und laufende Projekte hat die Interessengemeinschaft Agroforst. Das ist ein Zusammenschluss von Landwirten, Beratern und Experten. Die Mitgliedschaft ist kostenlos. In vier Westschweizer Kantonen läuft seit 2020 ein Ressourcenprojekt Agroforst. 112 Betriebe beteiligen sich, und es sind bereits 890 ha Agroforstfläche angemeldet. Dabei kommen auch neue Agroforsttypen zum Zug, wie die Strukturierung von Tierausläufen oder die Pflanzung von Futterlaubhecken. Zudem sollen in der neuen Agrar-politik ab 22 Agroforstsysteme im Rahmen von Produktionssystembeiträgen stärker gefördert werden. Neben den bekannten Agroforstsystemen mit Hochstamm-Obstbäumen werden auch Systeme mit anderen einheimischen Baumarten förderfähig, wie zum Beispiel mit Eichen, Linden, Ahorn, Erlen und Pappeln. Auch heckenartige Agroforstsysteme (zum Beispiel zur Futterlaubnutzung) will man fördern. Hier steht die Nutzung im Vordergrund, sodass sich diese Hecken auch direkt beweiden lassen. www.agroforst.ch