Besonders während der warmen Jahreszeit müssen die Vogelmilben in vielen Ställen regelmässig bekämpft werden, um grosse Tierwohlprobleme zu verhindern. Da die Milben tagsüber oft tief in Ritzen und Hohlräumen der Stalleinrichtungen versteckt sind, wird durch die Stallbehandlung in der Regel nur ein Teil der Population bekämpft. Vogelmilben findet man zudem auch in Nestern von Wildvögeln, in Taubenschlägen oder in Käfigen und Volieren von Ziervögeln, von wo sie in Hühnerhaltungen eingeschleppt werden können. Aus diesen Gründen ist es auch mit enormem Aufwand praktisch unmöglich, einen Hühnerstall auf Dauer völlig milbenfrei zu halten.
Lebensweise und Biologie
Als temporärer Ektoparasit verbringt die Vogelmilbe den Tag in der Umgebung ihrer Wirtstiere; nachts befällt sie die schlafenden Hennen, saugt kurz Blut und zieht sich dann wieder in Ritzen und Spalten der Stalleinrichtung zurück. Tagsüber sind bei oberflächlicher Betrachtung oft nur sogenannte «Pfeffer und Salz»-Musterungen in der Nähe der Milbenverstecke sichtbar. Hebt man jedoch eine Sitzstange oder einen Lattenrost an, so findet man an den Auflagestellen Tausende von blutgefüllten Milben. Für den frühzeitigen Nachweis von Vogelmilben eignen sich künstliche Verstecke als Fallen, welche bei den Schlafplätzen der Hennen befestigt werden. Dies können zum Beispiel Streifen aus Wellkarton sein, welche aufgerollt und in ein passendes Rohr geschoben werden. Das Rohr wird dann an der Sitzstange befestigt, und der Karton kann zur Kontrolle herausgezogen werden.
Vogelmilben durchlaufen vier Stadien, bevor sie sich zur erwachsenen Milbe häuten: Aus dem Ei schlüpft eine sechsbeinige Larve, welche sich ohne Nahrungsaufnahme zur Protonymphe häutet. Die Protonymphe sucht ein Huhn auf, saugt Blut und häutet sich anschliessend zur Deutonymphe, welche sich nach erneuter Blutaufnahme zum Männchen oder Weibchen weiterentwickelt. Eier und Larven sind etwa 0,5 mm lang, Nymphen messen je nach Fütterungszustand 0,5 bis 1 mm, und Weibchen haben eine Länge von bis zu 1,5 mm.
Vor jeder Eiablage müssen die Weibchen Blut aufnehmen. Die Entwicklung vom Ei bis zur erwachsenen Milbe dauert bei 25 °C rund acht Tage, etwa die Hälfte der Milben überlebt diese Entwicklung. Weibchen leben durchschnittlich etwa 20 Tage und legen während dieser Zeit über 50 Eier.
Die Milben können sich in einem weiten Temperaturbereich entwickeln und vermehren. Nicht nur im Sommer, sondern auch bei kühlen Temperaturen sind in Hühnerställen alle Stadien von Milben zu finden. Da Vogelmilben wechselwarme Tiere sind, sind Entwicklungsdauer und Überleben temperaturabhängig. Ebenso wird die Eiablagerate der Milbenweibchen durch die Temperatur beeinflusst.
Vogelmilben sind bei tiefen Temperaturen wenig aktiv, ihre Entwicklung ist verlangsamt und die Absterberate erhöht. Die günstigsten Temperaturen für die Entwicklung liegen zwischen 30 und etwa 37 °C. Bei feuchtwarmem Wetter vermehren sich deshalb in vielen Hühnerställen die Roten Vogelmilben explosionsartig.
Kontrolle des Milbenbefalls
Auf Biobetrieben sind Akarizide (Milbenmittel) mit synthetisierten Wirkstoffen zum Einsatz gegen Vogelmilben nicht zugelassen. Trotzdem haben auch Biolegehennenhalter die Möglichkeit, effiziente Massnahmen gegen den Milbenbefall zu treffen. Diese Massnahmen sind auch für konventionelle Betriebe von Interesse, da die Vogelmilben gegen diverse Milbenmittel mit synthetischen Wirkstoffen resistent geworden sind.
Die Bekämpfung der Parasiten muss grundsätzlich im Stall und nicht an den Hühnern erfolgen. Wir empfehlen ein vierstufiges Vorgehen zur Kontrolle der Vogelmilben.
Vier Schritte zur Eindämmung
- In allen Ställen soll zwischen zwei Umtrieben eine gründliche Stallreinigung durchgeführt werden. Diese vernichtet einen Grossteil der Milben. Es hat sich bewährt, die Stalleinrichtungen soweit als möglich zu zerlegen, einige Stunden einzuweichen und anschliessend mit heissem Wasser und Schmierseife zu waschen. Vorzugsweise wird zu diesem Zweck ein Hochdruckreiniger eingesetzt. Bereits beim Stallbau sollte darauf geachtet werden, dass die Einrichtungen einfach zerlegbar und waschbar sind.
- Anschliessend kann der leere Stall mit Silikaten in Pulver- oder flüssiger Form behandelt werden. Das Silikatpräparat zerstört die äusserste Schicht des Milbenpanzers, wodurch die Milben rasch austrocknen. Biobetriebe dürfen nur natürliche Silikate einsetzen, die auf der aktuellen FiBL-Betriebsmittelliste aufgeführt sind.
- Falls der Milbenbefall im Verlauf des Umtriebs stark zunimmt, kommen vorzugsweise weitere natürliche Produkte zum Einsatz, welche die Milben mechanisch schädigen. Befallene Stellen können mit Öl besprüht oder bepinselt werden. Das Öl verstopft die Atemöffnungen der Milben und tötet die Parasiten dadurch ab. Pflanzliche Öle (zum Beispiel Rapsöl) haben eine ähnlich gute Wirkung wie der früher oft verwendete Diesel, der nicht eingesetzt werden soll. Ebenfalls können Milbennester gezielt mit Silikaten behandelt werden.
- Wenn nach der Behandlung mit ungiftigen, mechanisch wirksamen Mitteln einzelne stark befallene Stellen übrig bleiben, können diese gezielt mit einem Akarizid behandelt werden. Auch hier dürfen Biobetriebe ausschliesslich Produkte mit natürlichen Wirkstoffen einsetzen (siehe Betriebsmittelliste).
Bei der Entdeckung von versteckten Milbennestern sind künstliche Refugien nützlich (wie etwa in Abbildung 2 gezeigt). Da die Milben sich dort bevorzugt aufhalten, werden befallene Stellen entdeckt und können behandelt werden, bevor der Stall erneut grossflächig verseucht ist.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass man mit diesem Vorgehen den Milbenbefall normalerweise ohne synthetische Akarizide oder über das Trinkwasser verabreichte Medikamente in den Griff bekommt. Auch wenn diese eingesetzt werden, um die Situation bei akuter Gefährdung der Tiergesundheit zu entschärfen, ist bei grossen Problemen keine dauerhafte Lösung des Milbenproblems zu erwarten, wenn die vorbeugenden Hygienemassnahmen nicht getroffen werden.
Raubmilben - Milbe gegen Milbe: Der Einsatz von Raubmilben gegen Vogelmilben ist eine recht neue Bekämpfungsmethode. Dabei geht es darum, mit freigelassenen räuberischen Milbenarten die Vogelmilben zu reduzieren. Ein Einsatz von Raubmilben wird vor allem bei tieferem Vogelmilbenbefall empfohlen. Sonst muss zuerst eine Dezimierung durch ein giftfreies Produkt erfolgen. Beim Einsatz von Raubmilben dürfen gleichzeitig keine anderen Massnahmen zur Milbenbekämpfung durchgeführt werden. Lassen Sie sich vor dem Einsatz von Raubmilben unbedingt von den Anbietern beraten (Adressen in der FiBL-Betriebsmittelliste). www.betriebsmittelliste.ch